

Westlich die immer populärer werdenden friulanischen Weinbau-Hochburgen, östlich das auch längst nicht mehr als Geheimtipp zählende Socatal. Man könnte annehmen, die zwischen den beiden Touristenmagneten befindliche Berglandschaft würde zumindest einige der Besucher abbekommen. Aber ganz das Gegenteil ist der Fall. Einsamkeit ist hier heroben Trumpf und wer einige ruhige Radstunden abseits von Verkehr und Hektik verbringen will, ist hier genau richtig.
Eines sei aber noch angemerkt. Freunde des sanften Dahingleitens, wo sich Aerodynamik und Geschwindigkeit die Hand reichen, kommen hier nicht auf ihre Kosten: zu eng und zu verwinkelt sind die Straßen und die zu absolvierenden Höhenmeter sind auch nicht zu vernachlässigen.
Gestartet wird in Cividale, einer traditionsreichen Kleinstadt im Osten Udines, die nach absolvierter Runde wegen der netten Altstadt und der zahlreichen Bars und Cafés durchaus zum Flanieren und Verweilen einlädt. Das liegt aber noch in ferner Zukunft und so geht es zunächst noch flach nach Prepotto, das bereits dicht an der slowenischen Grenze liegt. Dem Grenzflüsschen entlang folgen wir bereits völlig verkehrsfrei einem kleinen Sträßchen, das uns hinein in die Hügel des einsamen Grenzgebietes zwischen dem Friaul und Slowenien führt.
Mit Überquerung des Flüsschens und damit der Staatsgrenze liegen die Einrollkilometer dann hinter uns und es folgt ein erster 400 Höhenmeter-Anstieg hinauf in das kleine slowenische Dörfchen Lig.
In ständigem Auf und Ab geht es nun über die Hügelrücken weiter. Verstreute Dörfer und Kirchen schmiegen sich an die bewaldeten Hänge und strahlen ein Ruhe und Einsamkeit aus, wie man sie nur selten findet. Im Hintergrund ergänzen die schroffen Julischen Alpen die malerische Szenerie.
Ein zweiter, schon von weitem erkennbarer Anstieg führt hinauf zum Passo Solarie. Diesen weitgehend unbekannten Übergang mit dem dazugehörigen Rifugio erreicht man, wenn man gegen Mitte des Anstiegs einem Wegweiser Richtung Italien folgt. Wir aber bleiben auf slowenischer Seite und folgen der Grenzstraße weiterhin bergauf zum höchsten Punkt der Runde beim Monte Kolovrat, wo ein Freilichtmuseum an die auch hier heroben wütenden Kämpfe der verheerenden Isonzo-Schlachten erinnert. Man kann sich eines beklemmenden Gefühls nicht erwehren und sich nur einmal mehr glücklich schätzen, in einem friedlichen und vereinten Europa zu leben.
Eine ruppige Abfahrt führt hinunter nach Livek, einem kleinen Dorf im Sattel zwischen dem gerade überquerten Kolovrat und dem nördlich anschließenden Matajur-Massiv. Es bleibt zu hoffen, dass die zu passierende Baustelle eine eklatante Verbesserung dieses desolatesten Abschnitts der gesamten Runde zum Ziel hat.
Kurz nach Livek überquert man wieder die Grenze und nun wieder auf italienischem Boden geht es noch kurz bergab, bevor die nächste Steigung wartet. Die 180 Höhenmeter über den Monte San Martino sind auf der einsamen und völlig verkehrsfreien Straße rasch erledigt und eine kurzweilige Abfahrt führt durch die verstreuten Siedlungen der Gemeinde Grimacco hinunter in das nächste Natisone-Tal, bevor dann ab Clodig der letzte ernstzunehmende Anstieg des Tages wartet. Noch einmal gilt es 400 Höhenmeter zu überwinden, bevor es dann am Hügelrücken auf direktem Weg in Richtung des mächtigen und befestigten Kapuzinerklosters Castelmonte geht.
Nur diesem Heiligtum, das als eine der ältesten Marienpilgerstätten der Welt gilt, ist es wohl zuzuschreiben, dass uns nicht der ein oder andere Fluch auskommt. Denn ganz sollte man das anhaltende Auf und Ab mit ein paar lästigen Gegensteigungen nicht unterschätzen, die Oberschenkel haben heute schließlich schon einiges leisten müssen.
In Castelmonte hat man es dann aber endgültig geschafft, und nach einer Stärkung in einem der zahlreichen Cafés, besonders zu empfehlen ist die unmittelbar an der Straße gelegene L’Osteria di Delizie e Curiosità, geht es (fast) nur noch bergab hinunter zum Ausgangspunkt.
Cividale del Friuli, öffentlicher Parkplatz Piazza della Resistenza
Cividale - Prepotto - Lig - Kambresko - Passo Solarie - Monte Kolovrat - Livek - Cepletischis - Clodig - Tribil Superiore - Castelmonte - Cividale